Auch in der evangelisch-lutherischen Kirche gibt es die Beichte als seelsorgerliches Angebot.
Was geschieht bei der Beichte?
Christen erkennen, dass sie im Widerspruch zu Gott und in der Trennung von ihm leben und schuldig geworden sind. Sie bitten um Vergebung ihrer Sünden, empfangen Gottes Freispruch und erfahren
darin Entlastung ihres Gewissens.
Die Beichte bietet durch das Gegenüber einer zweiten Person einen Raum für Öffnung und Entlastung. Sie zielt nicht in erster Linie darauf, ein Fehlverhalten aufzudecken, sondern Gottes Nähe und
Erbarmen erfahrbar zu machen. Neben dem Pfarrer/ der Pfarrerin ist jeder Christ bevollmächtigt, die Beichte zu hören und die Vergebung zuzusprechen.
Was heißt Sünden bekennen?
An den 10 Geboten, die Gott den Menschen gegeben hat, sollen und können sich Menschen orientieren, um ihr gemeinsames Leben zu gestalten. In der Stille, im Gebet oder mit Worten bedenken oder
sprechen Christen aus, was sie belastet, womit sie schuldig geworden sind oder was sie anderen schuldig geblieben sind. Die Beichte gibt darüber hinaus die Möglichkeit, sich selbst wieder
anzunehmen.
Was heißt Vergebung empfangen?
Christen vertrauen auf den gnädigen Gott, dessen Liebe zu uns Menschen größer ist, als sein Gericht. Gottes unbedingte Zusage, die Sünde zu vergeben, ermöglicht es dem Menschen, Schuld und Fehler
einzugestehen und um Vergebung zu bitten. „Dir sind deine Sünden vergeben“ spricht der Pfarrer/die Pfarrerin zu den Beichtenden. Sie sollen es hören wie aus Gottes Mund. Die Gültigkeit wird durch
Handauflegung unterstrichen oder es wird im Anschluss an die Beichte das Abendmahl gefeiert. Bereits vergebene Schuld braucht nicht wiederholt vor Gott gebracht zu werden. Dennoch belastet uns
unsere Schuld oft länger als über das Beichtgeschehen hinaus. Oft braucht es seelsorgerliche Begleitung, bis sich der Mensch selber annehmen kann.
(Siehe Seelsorge)
Es sind drei Formen der Beichte möglich:
Innere Beichte: In der Stille und im Gebet nehmen Christen ihre eigene Schuld wahr. Sie bekennen Gott ihre Schuld. Durch die Gewissheit der Liebe Gottes dürfen sie darauf vertrauen, dass Gott sie
von ihrer Schuld befreit und lossagt.
„Ich sage euch: genauso freuen sich die Engel Gottes
über einen einzigen Sünder, der ein neues Leben anfängt“
(Luk.15,10)
Einzelbeichte:
Oft genügt es dem Menschen nicht schweigend zu bekennen; er möchte sich in Worten mitteilen. Die Einzelbeichte ist hierfür der geeignete Raum. Im seelsorgerlichen Gespräch mit dem/der Pfarrer/in
oder einer anderen Vertrauensperson spricht der Beichtende über die erkannte Schuld und erfährt durch den persönlichen Zuspruch Vergebung. Dies Gespräch steht immer unter dem Zeichen der
Verschwiegenheit.
Gemeindebeichte oder Allgemeine Beichte:
In der evangelischen Kirche gibt es Buß- und Beichtgottesdienste an besonderen Tagen im Kirchenjahr, zum Beispiel am Buß- und Bettag und in der Passionszeit. Auf die Beichtfragen hin bekennen
alle in der Gemeinschaft der Gemeinde ihre Sünde und bekommen Gottes Vergebung zugesprochen. Im Anschluss an diesen Zuspruch kann eine persönliche Segnung der Beichtenden erfolgen. Auch in der
Ordnung des sonntäglichen Gottesdienstes finden sich ein Sündenbekenntnis und die Bitte um Vergebung.
Was heißt Vergebung weitergeben?
„…und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ sprechen Christen im Vaterunser.
Die Vergebung Gottes hilft uns nun selber Verantwortung für unser Handeln zu übernehmen, zu unseren Taten zu stehen und nach Möglichkeiten suchen unser gestörtes Verhältnis zu unseren Mitmenschen
wieder in Ordnung zu bringen. Mit diesem gesprochenen Gebet stehen wir in der Verantwortung gegenüber Gott nun andere um Verzeihung zu bitten, Versöhnung anzubieten und Wiedergutmachung zu
leisten, soweit dies möglich ist. Zu einem verantwortlichen Verhalten gehört auch der Wille, das, womit wir Schuld auf uns geladen haben, nicht wieder zu tun.
Hinweis:
Der Artikel ist in großen Teilen dem Evangelischen Gesangbuch (EG) entnommen (vgl. EG, 883-884; 707 -708) und zum Teil überarbeitet.