Informationen zum „Schutzkonzept zur Prävention sexualisierter Gewalt“
In seiner Sitzung im September hat der Kirchenvorstand das Schutzkonzept für die Evangelische Kirchengemeinde Oberstaufen verabschiedet. Damit geht ein intensiver Prozess zu Ende, den ein engagiertes Team unter der Leitung von Pfarrer Andreas Waßmer begleitet hat. Es wurde viel Zeit, Energie und Sorgfalt investiert – dafür möchten wir allen Beteiligten herzlich danken.
Für unsere Gemeinde beginnt damit ein neuer Abschnitt. Wir laden Sie ein, sich mit der Denkweise des Schutzkonzeptes vertraut zu machen. Sie alle sind dafür wichtig: Haupt- oder ehrenamtlich Mitarbeitende, Besucherin oder Besucher unserer Veranstaltungen oder der gemeindlichen Räume. Jede und Jeder von Ihnen kann aktiv zur Atmosphäre und zur Kultur in unserer Kirchengemeinde beitragen.
Folgendes Leitbild wurde beschlossen:
Jeder Mensch ist nach Gottes Ebenbild geschaffen. Dies verleiht uns Menschen Würde – unabhängig von Alter, Geschlecht, sexueller Identität, Behinderung oder ethnischer Herkunft. In unserer Kirchengemeinde wollen wir diese Würde achten. Wir übernehmen Verantwortung für den Schutz der uns anvertrauten Personen vor grenzüberschreitendem Verhalten und Übergriffen, vor physischer, psychischer und sexualisierter Gewalt. Gewalt hat keinen Raum in unserer Kirchengemeinde. Wir wollen Menschen, ganz besonders Kindern und Jugendlichen, sichere Räume bieten, in denen sie Gottes Segen erfahren können. Wir wollen einen sicheren Rahmen schaffen, in dem Nähe, Gemeinschaft und geteilter Glaube erlebt werden können. Wir wissen dabei um die Möglichkeit, dass da, wo Menschen einander begegnen, auch das Risiko für Verletzungen und Fehler besteht. Diese werden nicht verschwiegen. Wo es zu Grenzüberschreitungen oder gar Übergriffen kommt, unterstützen wir aktiv den Umgang mit Beschwerden und Fehlern. Dabei orientieren wir uns an einer Kultur der Achtsamkeit. In unserem Verhaltenskodex, den alle hauptberuflichen, neben- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden in einer Selbstverpflichtung unterschreiben, wird deutlich, wie dieses Leitbild in unserer täglichen Arbeit konkret wird.
Darum geht es in Kürze:
- Jede/r ist wichtig: Wir möchten als Gemeinde offene, aber geschützte Räume anbieten.
- Wir sind unterschiedlich: Wir wollen die eigenen und fremden Grenzen wahrnehmen und schützen. „Nein- Sagen“ ist deshalb erlaubt und erwünscht!
- Ihre Meinung ist gefragt: Wir bitten Sie, mit uns in Kontakt zu treten, wenn Sie etwas beunruhigt.
Dafür wollen wir uns als Gemeinde mit Ihrer Hilfe einsetzen.
Infos/ Konsequenzen für Mitarbeitende:
In den kommenden Wochen werden die Mitarbeitenden gebeten, den Verhaltenskodex zu unterschreiben. Von manchen wird auch die Vorlage eines Führungszeugnisses erforderlich sein. Dazu erhalten Sie eine persönliche Information. Zudem werden Mitarbeitende gebeten an Schulungen zur Prävention sexualisierter Gewalt teilzunehmen. Termine und weitere Informationen finden Sie auf unserer Gemeindehomepage.
Ansprechpersonen für Sie:
Falls Sie selbst eine belastende Grenzverletzung oder einen Sexuellen Übergriff erlebt haben, möchten wir Sie gerne auf unsere Ansprechpersonen hinweisen.
- Antje Weinreich (Systemische Therapeutin): 0831- 590 346 36
- Johannes Steiner (Pfarrer und Klinikseelsorger): 08341- 97 11 830
- Ansprechstelle für Betroffene sexualisierter Gewalt:
Telefon: 089 - 55 95 335
Email: ansprechstellesg@elkb.de
Interview mit Jutta Strehlke aus dem Schutzkonzept-Team:
Kathrin Riedl:
Weißt du noch, was deine ersten Gedanken waren, als du gefragt wurdest am Schutzkonzept mitzuarbeiten?
Jutta Strehlke:
Meine ersten Gedanken, als ich vom Schutzkonzept erfahren habe, waren dass es grundsätzlich sehr löblich ist, dass sich jede Kirchengemeinde darum kümmern muss, - aber doch nicht bei uns! Da ist doch keine Gefahr und auch noch nie was passiert!
Kathrin Riedl:
Wie hast du eure Arbeit am Schutzkonzept wahrgenommen?
Jutta Strehlke:
Es war für unsere Arbeit sehr hilfreich, dass von der Fachstelle schon eine gewisse Vorarbeit geleistet worden war. Dadurch gabs so eine Art Gerüst. Den anderen drei Mitarbeitenden ging es ein bisschen wie mir mit der Frage: muss das wirklich auch bei uns sein…? Die Zusammenarbeit war sehr vertrauensvoll und wir haben auch viel gelacht.
Wenn wir uns bei einem Sachverhalt nichts konkret vorstellen konnten, haben wir immer eine Bratwurstverkäuferin am Weihnachtsmarkt als Beispiel hergenommen. Und es wurde ein geflügelter Spruch: „Was würde jetzt die Bratwurstverkäuferin dazu sagen“? Das konkrete Beispiel hat uns aber oft die Thematik erhellt und dadurch viel weitergeholfen.
Kathrin Riedl:
Haben sich durch die Arbeit am Schutzkonzept neue Sichtweisen ergeben?
Jutta Strehlke:
Ja, im Laufe der Arbeit haben wir festgestellt, dass es wichtig ist, alle Abläufe und Gegebenheiten vor Ort wirklich mal zu durchdenken und durchzusprechen. Und wir haben es immer mehr als notwendig und sinnvoll empfunden.
Kathrin Riedl:
Welche Hoffnungen und Wünsche verbindest du mit der Umsetzung?
Ich hoffe inständig, dass kein Missbrauch - nicht nur bei uns, sondern nirgends - mehr passiert.
Jutta Strehlke:
Ich denke, durch das Schutzkonzept haben wir versucht, möglichst viele präventiven Dinge zu bedenken und einzurichten. Somit ist hoffentlich die Hemmschwelle für evtl. Übergriffe sehr hoch. Wichtig ist auch der wertschätzende Umgang mit allen Beteiligten und die Zusammenarbeit mit allen auf Augenhöhe. Es findet durch das jetzt vorhandene Schutzkonzept eine Sensibilisierung für das Thema statt und es wird auch im Gemeindeleben aus der „Tabu-Zone“ geholt.
Kathrin Riedl:
Vielen Dank für das Interview!